Funktional, kühl und verpflichtend: Wenn es nach Grazia und Elisa Manerba geht, sollte ein zeigenössisches Büro gerade das nicht sein. Die beiden Powerfrauen, die das Traditionsunternehmen Manerba leiten, werben mit ihren ungewöhnlichen Möbeln für eine freundliche Arbeitsumwelt, die man leicht personalisieren und verändern kann, die Effizienz und Komfort verspricht, aber auch Zonen zum Relaxen bietet. Im Büro und zuhause.
Mitten in Mantua, der bedeutenden norditalienischen Stadt, die so viele wertvolle Kunstschätze besitzt, befindet sich der Firmensitz von Manerba. Das Unternehmen ist seit 50 Jahren hier ansässig und hat denn auch einen ganz besonderen Ort ausgewählt, um seine Büromöbel zu präsentieren: den antiken Palazzo Torelli. Die modernen Stücke wurden stilvoll in das historische Ambiente des stimmungsvollen Renaissance-Palastes integriert. Hier findet man keine seriösen oder langweiligen Schreibtische und Sitzmöbel, sondern elegante, ansprechende Arbeitsplätze in sanften Pastelltönen oder starken Kontrastfarben. Schmale Formen treffen auf weiche Sitze, der Look wirkt ungezwungen, cool und ausgesprochen feminin, was wohl vor allem am besonderen Feeling für harmonische Farbkombinationen liegt.
Egal welche Materialien verwendet werden, die Farben sind sorgfältig aufeinander abgestimmt. Dies ist das Ergebnis einer langjährigen Entwicklung, die unter Leitung Raffaella Mangiarottis begann. Die Architektin liess die umfangreiche Farbpalette auf Holzlaminate, Aluminiumprofile, auf das Glas der Tischplatten und auch auf die Textilien übertragen und erreichte so einen angenehmen Einklang aller Elemente. Wie Kleider und Accessoires werden die Farben im Labor einander angepasst und die Ausführungen personalisiert. Zu Recht heisst diese Abteilung innerhalb der Produktion Manerba Boutique. Ein ebenso weibliches Gefühl vermitteln auch die Oberflächen, die sich dank der speziellen Verarbeitung warm und seidig anfühlen.
Auch die immer wichtiger werdende Privatsphäre im Officebereich spiegelt sich in den Möbeln von Manerba wieder. Um das zu gewährleisten, werden ökologische Trennwände aus Kork eingesetzt, die eine schalldämpfende Funktion besitzen. Aber auch gläserne Trennwände, welche die Lautstärke dämpfen, ohne die Arbeitsplätze allzu stark voneinander abzugrenzen. Flauschige Polsterstühle reduzieren mit ihrer hohen, umhüllenden Rücklehne die Geräusche der Umgebung. Sollte das nicht genug sein, gibt es eine akustisch isolierte Glas-Kabine, die wie eine Raumkapsel all jene abschirmt, die nach Ruhe und Ungestörtheit suchen.
Viele praktische Details sorgen für eine angenehmere Arbeitsatmosphäre, eine höhere Produktivität und nicht zuletzt bessere Arbeitsverhältnisse. Da für viele das Büro heute überall ist, löst Manerba die Grenzen zwischen Büro und Wohnung auf und gestaltet die Möbel so, dass sie sich in jede Umgebung einfügen. Mit Schreibtisch «Apollo» beispielsweise werden die zahlreichen Computer- und Leuchtenkabel unsichtbar. Sie verlaufen in den Tischbeinen. Der minimalistische und solide Schreibtisch «Litta» ist komplett kabelfrei und benötigt nicht mal einen Stromschalter in der Nähe. Versteckte Akkus mit langer Laufzeit liefern Strom, so dass man überall arbeiten kann.
Neue Wege
Die Firma, deren Kerngeschäft lange die industrielle Fertigung von Büroeinrichtungen für die öffentliche Verwaltung Italiens war, wurde 1969 von Sergio Manerba und seiner Frau Federica gegründet. Seit zehn Jahren jedoch lenken die dynamischen Töchter Elisa und Grazia das Unternehmen in eine designorientierte Richtung. Die beiden Schwestern teilen sich die Geschäftsführung: Elisa ist kaufmännische Leiterin, während die Ingenieurin Grazia die Produktion und das Projektbüro verwaltet. Vater Sergio amtet weiterhin als Präsident der Firma, während seine Frau die Töchter aktiv in der Verwaltung unterstützt. «Unsere Eltern sind die Säulen des Unternehmens. Ohne ihre Arbeit wären unsere Innovationen nicht möglich gewesen», kommentiert Elisa bescheiden den wachsenden Erfolg.
Auf Frauenpower trifft man bei Manerba übrigens nicht nur an der Unternehmensspitze. Die Schwestern sind stolz darauf, dass das Team zu 80 Prozent aus Frauen besteht – was recht ungewöhnlich für diese Branche ist. Was am Anfang Zufall war, ist heute ein bewusster Entscheid: Frauen werden wegen ihrer Sensibilität bevorzugt eingestellt. Das Jubiläum in diesem Jahr nutzten die Manerba-Schwestern erneut dazu, frischen Wind in das Familienunternehmen zu bringen. Sie engagierten die zur Zeit hoch gefragte Designerin Federica Biasi als Art Director und beauftragten den französischen Designer Philippe Nigro mit einem neuen modularen System, welches an der letzten Design Week in Mailand viel Erfolg erntete. «Stem» ist zwar für die Bürowelt gemacht, widerlegt aber erneut alle Vorurteile über langweilige Baukastensysteme. Es schlägt eine warme, farbige Mikroarchitektur vor, die beliebig ausgestattet werden kann und deren Anwendung, vom Büro über den öffentlichen Raum bis hin zum Homeoffice reicht.
Die Möbel des weiblich geführten Unternehmens erobern die Officewelt, die darauf zu warten schien, dass Büromöbel flexibler und intelligenter, aber auch eleganter und wohnlicher werden. Die ungewöhnliche Kollektion Undecided von Ilkka Suppanen und Raffaella Mangiarotti, die eher an Sofas als an Office-Möbel erinnert, ist vom Osservatorio Permanente del Design ADI für die jährliche Veröffentlichung über das beste italienische Design ausgewählt worden und wird 2020 am Compasso d‘Oro Award teilnehmen. Und Preise wie der Good Design Award für «Apollo» sowie «Litta» zeugen vom Erfolg der Manerba-Schwestern und zeigen, dass sie mit ihren ungezwungenen Büromöbeln den Puls der Zeit treffen.
MANERBASPA.COM
Text: Paola Tamborini
aus: Raum und Wohnen, Heft Nr. 12/19 • 01/20