Wenn Anne-Sophie Hollenwäger über den Umbau ihres Hauses spricht, denkt man unwillkürlich an das Märchen vom hässlichen Entlein. Denn die Innenarchitektin verwandelte ein völlig heruntergekommenes Gebäude im historischen Ortskern von Wollbach in ein elegantes, stilvolles Zuhause.
Die Fahrt führt an Wiesen und Pferdekoppeln entlang. Handgeschriebene Schilder offerieren Kirschen und frische Eier. Im Ort ist es ruhig, beinahe still, während sich die Mittagshitze träge in die kleinen Gassen legt. In einer dieser Gassen wohnen Ann-Sophie und Horst Hollenwäger. Es ist gerade einmal drei Jahre her, dass das Paar das «hässliche Haus», wie es die Dorfbewohner nannten, kaufte. Liebe auf den ersten Blick war es nicht, aber die Innenarchitektin erkannte das Potenzial ihres neuen Zuhauses – trotz hängender Zimmerdecken und morscher Dachbalken. Die Bewohner Wollbachs reagierten mit Unglauben. Niemand konnte sich vorstellen, in dem Haus zu leben.
Sie habe den heruntergekommenen Zustand des Gebäudes schon viele Jahre lang bedauert, erzählt die Bauherrin, der vor allem die Lage gefiel. Das 250 Jahre alte Haus, das schon Schule, Post und Dorfladen war, steht inmitten des historisch gewachsenen Ortskerns gleich unterhalb der Kirche. «Was mich immer begeisterte, waren der höher gelegene Garten und der Keller auf Strassenniveau», erklärt Anne-Sophie Hollenwäger. Niemand kann Haus oder Garten beim Vorbeigehen einsehen. Niemand, bis auf die wenigen Kirchgänger, die sonntags auf dem Weg zum Gottesdienst über das Grundstück laufen und manchmal gar nicht glauben können, wie sich das Haus seit dem Umbau verändert hat.
Im Kern ein Neubau
Beim Stichwort Umbau zeigt die Hausherrin Erklärungsbedarf: «Wir wohnen zwar im Altbau, geniessen aber den Komfort eines Neubaus.» Denn da die Denkmalpflege das Gebäude nicht unter Schutz gestellt hatte, entschlossen sich Ehepaar und Architekt Christoph Geisel zu einem radikalen Schritt. Sie deckten das Dach ab und entkernten das Haus vollständig bis auf die Aussenwände. «Wir hätten es auch abreissen können», erklärt die Bauherrin. Aber zum Glück erhielt das Paar die langgestreckte Fassade, die mit ihren kleinen Fenstern so gut ins historische Ortsbild passt. «Im Inneren gab es nichts, was bewahrt werden musste, nichts, um das es schade gewesen wäre», so Anne-Sophie Hollenwäger. Heute stabilisiert die Statik eine tragende
Struktur aus Beton, durch die das Haus auch erschlossen wird. Vereinfacht könnte man den neuen Kern als betonummantelte Treppe bezeichnen, wobei dieser auf einer Seite vom Keller bis unters Dach reicht und auf der anderen als Brüstung im Obergeschoss endet. Letztere gibt den Blick frei auf einen Wohnraum, der zwar nicht gross ist, aber über zwei Stockwerke reicht.
Dank der Neugestaltung weisen die Innenräume eine gewisse Einheitlichkeit auf. Treppen, Türen, Wände aus Beton und die graugrüne Wandfarbe finden sich in allen Stockwerken und wirken dadurch wie eine alles umfassende Klammer. Die Einrichtung trägt ganz die Handschrift von Anne-Sophie Hollenwäger. «Ich bin niemand, der die Dinge perfekt aufeinander abstimmt – ich mag Mischungen und Brüche», sagt sie. Der Stil der Innenarchitektin, die zusammen mit ihrem Mann das Interieurgeschäft «Stilobjekt» in Lörrach, Deutschland, führt, ist edel, aktuell, frech und farbenfroh. In ihrem Wohnhaus kombiniert sie klare, moderne Formen mit individuellen Einzelstücken, darunter neues Design von Jaime Hayon und Marcel Wanders, aber auch Urlaubsmitbringsel, Erbstücke und Trödelfunde. Ihr Hang zu konträrer Gestaltung zeigt sich vor allem im Erdgeschoss. So gegensätzlich die rohen Betonwände, die alte Eingangstür und die chicen Accessoires aus Messing auch sind, hier gehen sie die perfekte Liaison ein. In jedem Raum gibt es etwas Besonderes, einen Blickfang. Im Eingangsbereich sind es beispielsweise die Musterfliesen und die Tapete, deren grossformatige Schwarz-Weiss-Zeichnungen an einen Comic erinnern.
Die komplette Reportage, mit weiteren Details zur Innenarchitektur, ist im Magazin RAUM UND WOHNEN zu lesen.
Die Ausgabe 09/2019 lässt sich online bestellen.
Text: Kirsten Höttermann, Fotos: Dirk Wetzel
aus: Raum und Wohnen, Heft Nr. 09/2019