Erfüllt von Licht, das vom Meer reflektiert wird, fügt sich die Wohnung zu den Gassen von Genua. Auf dem höchsten Hügel des historischen Zentrums hat das Studio Ilabb für eine junge Familie einen Zufluchtsort geschaffen. Hier öffnet sich der Blick auf die grossen Maschinen des Handelshafens.
Die Kräne des Hafens heben und senken mit ihren grosse Haken die Waren der Schiffe. Genua war schon immer ein Knotenpunkt nicht nur von Waren, sondern auch von Menschen und Kulturen. Mit dem Blick auf den Hafen hätte sich das Paar kaum einen passenderen Ort für ein neues Zuhause aussuchen können. Er, Galerist in Berlin und Musikliebhaber, ist italienischer Herkunft,
wuchs aber in Frankreich auf. Sie, sizilianischer Abstammung, arbeitet
als freiberufliche Grafikdesignerin zwischen Barcelona und London. Ihr Zufluchtsort ist benannt nach dem genuesische Wort «bailucchi», dass einen speziellen Kranhaken im Hafen von Genua bezeichnet. Das «Casa ai Bailucchi» wurde von llabb architettura ausgebaut. Das von Luca Scardulla und Federico Robbiano gegründete Studio, das 2013
als Schreinerei startete, ist inspiriert von der Suche nach
architektonischen und baulichen Lösungen, die ein Vertrauen in das
Handwerk impliziert.
Das ortsansässige Studio plante den Grundriss so, dass die
Aussicht voll ausgenutzt werden konnte, und würzte das Interieur mit
sehr subtilen maritimen Anspielungen. Ausgangspunkt für den Entwurf war der Einbau einer Treppe. Sie verbindet die
beiden zuvor getrennten Wohnungen miteinander. Mit mehr als vier Metern
Höhe zwischen den beiden Etagen war es die grösste Herausforderung beim Umbau. In dem kleinen Raum führen ein paar Stufen zu einer Plattform: Sie ist das erste Merkmal
der Treppe. Von hier aus schlängelt sich eine leichte Metallkonstruktion
in die obere Etage. Die Trittstufen sind aus Eichenholz. Das Design des
blauen nautischen Seilhandlaufs wirkt leicht und beschwingt und ein Bullaugenfenster nimmt ebenfalls Bezug zum Hafen. Die Unterseite des Handlaufs wird für die Raumbeleuchtung
genutzt.
Der Wohnbereich im Obergeschoss erstreckt sich in die Länge und der
Treppenabsatz befindet sich genau in seiner Mitte. Auf der linken Seite
befindet sich der Essbereich, auf der rechten Seite die Leseecke und das
Wohnzimmer. Hier führt eine Tür zum Homeoffice: ein sehr
kleiner Raum, der einen Teil der Terrasse einnimmt. Mit dem quadratischen Fenster ähnelt der Raum dem Cockpit eines Krans.
Die L-Form des Grundrisses und das schräge Dach erzeugen dynamische und
intensive Geometrien. Geometrisch geformte Öffnungen in den gemauerten
Wänden folgen der räumlichen Abfolge und entwickeln eine raffinierte
Neugier auf das, was dahinter liegt: ob es die Küche, das Homoffice oder
ein Gemälde ist. Tatsächlich ist die Wohnung mit Kunstwerken aus der Privatsammlung des jungen Galeristen
gespickt. Jedes Gemälde mit einer eigenen Beschriftung. Alles Details,
die dafür sorgen, dass sich die Wohnung wie eine Mischung aus einem
Zuhause und einer kleinen bewohnten Galerie anfühlt. Der Wohnraum öffnet sich auch zu einer 100 Quadratmeter grossen
Dachterrasse, die die Eigentümer mit vielen Pflanzen bestückt haben. Geschützt vor den
kalten Nordwinden, öffnet sie sich auf der einen Seite zum Hügel mit
dem Castello und auf der anderen Seite zum Hafen. Hier kommen die
Geräusche der Stadt nicht an und lassen Raum für das Summen des Hafens.
Die untere Ebene ist stärker unterteilt, mit zwei Schlafzimmern, einem Arbeitszimmer und einem Bad. Hier sind die originalen genuesischen Terrazzoböden erhalten geblieben. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Oberflächen der Wände im Hauptschlafzimmer gewidmet: Die Tapeten wurden entfernt, der darunter liegende, einmal geglättete Putz wurde mit seinen Farbschichten stabilisiert.
Im Haus stellte llabb einen Dialog zwischen Innen und Aussen her, der diese Renovierung in den Rahmen einer lebendigen und selbstbewussten Reflexion über die Stadt stellt. Das Thema der Erhaltung wird mit der Dynamik der zeitgenössischen Kunst konfrontiert und mit dem Alltagsleben verwoben. Der Umbau bringt die Aufmerksamkeit für Materialien und Details sowie die Idee einer einfachen und emotionalen Architektur zum Vorschein.
ILABB ARCHITETTURA
16123, Genova (GE), Italien
Text: PD, EL, Fotos: Anna Positano, Gaia Cambiaggi | Studio Campo