Am Anfang steht der Entwurf – eine Idee, die von A bis Z durchdacht wird, bevor aus einem Werkstoff ein verkaufsfertiges Produkt entstehen kann. Es gibt verschiedene Wege, die dahin führen. Zum Beispiel über eine Ausbildung an der Höheren Fachschule für Technik & Gestaltung in Zug. Welche Möglichkeiten sich da bieten, erzählt uns Andreja Torriani im nachfolgenden Interview.
Herr Torriani, die Höhere Fachschule für Technik und Gestaltung HFTG bietet drei Ausbildungslehrgänge an: den Dipl. Techniker Holztechnik, den Dipl. Gestalter Produktdesign sowie den Lehrgang für Einrichtungsgestalter. Welches ist das bindende Element und welche Vision verfolgt die Schule damit?
Alle drei Studiengänge sind enorm kreativ. Zum Beispiel der Produktdesigner; er giesst Form, Ästhetik und Funktion passgenau zu einem Ganzen, fertigt nach spezifischen Kundenwünschen an und ist dabei auch Gestalter und Berater. Während des Studiums ist er gleichzeitig in engem Austausch mit Studierenden der anderen Fachrichtungen. Wie im realen Leben auch: Man arbeitet zusammen, ergänzt sich – ganz im Sinne von interdisziplinären Teams. Zudem ist uns der Theorie-/Praxis-Transfer sehr wichtig, weshalb viel Wert auf den Dialog mit Unternehmen und Partnern gelegt wird. Um diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden, steht bei uns das realisierte Produkt im Zentrum sämtlicher Anstrengungen und nicht ein theoretisches Konstrukt.
Bieten Sie Ihren Studierenden deshalb das sogenannte Design-Lab an?
Ja genau. Ganz kurz erklärt ist das DesignLab eine Art «Experimentier-Küche». Hier arbeiten wir mit einer Gruppe von sechs Absolventen der HFTG zusammen, um einem innovativen Projekt zum Durchbruch zu verhelfen. Gelingt dies, ist der Spagat zwischen Theorie und Praxis, zwischen beschützter Ausbildungswelt und marktwirtschaftlicher Realität geglückt. Wir arbeiten nach dem Prinzip des Design Thinking Prozesses. Es werden alle relevanten Phasen von der Entwicklung einer Idee, der Marktanalyse, Prototyperstellung, deren Testung, Weiterentwicklung und Verbesserung bis hin zum verkaufsfertigen Produkt in Kleinstserie durchlaufen.
Apropos verkaufsfertige Produkte: Produktdesign wird immer beeinflusst von verschiedenen Lehren wie zum Beispiel die der Bauhaus-Ära. Welchen Einflüssen unterliegt Ihre Schule?
Es liegt uns nicht so viel daran, Philosophien zu verfechten. Wir zeigen den Studierenden natürlich auf, woher Design kommt und was es vermag. Die damit verbundene Verantwortung ist heute jedoch eine andere als beispielsweise zu Zeiten des Bauhauses, als Design auch eine sozialpolitische Rolle ausübte. Wir proklamieren weniger eine bestimmte Lehre, sondern vielmehr das eigene Lernen und individuelle Forschen!
Gibt es DAS Schweizer Design und hat man auf Anhieb ein klares Bild davon, wie wenn man etwa vom skandinavischen Stil spricht?
Hinter klaren Bildern verstecken sich nicht selten Stereotypen. Wir meinen zwar zu wissen, was skandinavisches Design ist, in Tat und Wahrheit malen wir vor dem inneren Auge entlang dieser Stereotypen. Ich bin mir nicht sicher, ob Skandinavier ein klares Bild vom skandinavischen Stil haben. Sie leben die Kultur und blicken über die Stereotypen hinweg. Die Verbindung zum Schweizer Design sehe ich vor allem im Anspruch an die hohe Qualität und die Affinität zu Technik. Unsere Designkultur hat einen enormen Reichtum. Und hier und da kann man auch einen Funken von Revolution und Avantgarde aufblitzen sehen.
Wie positioniert sich die HFTG Zug im Vergleich zu anderen Schulen mit den gleichen Ausbildungslehrgängen?
Der Markt in diesen Branchen ist bereits mehr als gesättigt. Ich denke aber, dass wir mit unserer Philosophie, klein zu bleiben und Dinge im Rahmen von exklusiven Exkursionen und unkonventionellen Projekten zu studieren, einen Akzent setzen. Und ja, die zu Beginn angesprochene Verbindung der drei Fachrichtungen ist sehr gewinnbringend, auch deshalb, weil wir vor Ort mit eigener Top-Infrastruktur produzieren können. Von der Idee im Kopf bis hin zum verkaufsfertigen Produkt entsteht alles in unseren eigenen Hallen.
HFTG.CH
Interview: Ursula Bünter
aus: Raum und Wohnen, Heft Nr. 06•07/2020