«Liv» heisst das neue Sofa von Rolf Benz. Was es mit dem Namen auf sich hat und warum das Sitzmöbel auf der ganzen Welt funktioniert, verrät uns Designer Luca Nichetto an der Kölner Möbelmesse.
Das Sofa, das Du für Rolf Benz entworfen hast, heisst «Liv». Was hat es mit dem Namen auf sich?
Luca Nichetto, Designer und Gründer von Nichetto Studio: Ich bin Venezianer, lebe aber wegen meiner schwedischen Frau die Hälfte des Jahres in Stockholm. Unsere Tochter heisst «Liv», was auf schwedisch so viel wie Leben heisst. Und das ist genau das, was ich mir während des Entwurfs vorgestellt habe: Ein Sofa, das über das blosse Sitzen hinaus geht, eines, das dazu einlädt, mit ihm zu leben.
Wann und wie begann Deine Zusammenarbeit mit Rolf Benz?
Luca Nichetto: Rolf Benz kontaktierte mich bereits Ende 2017. Ich war sofort interessiert – es war tatsächlich mein erster Auftrag für ein deutsches Unternehmen! Nachdem ich 2013 «Das Haus» in Köln designte, gab es viele Kontakte, aber ein Auftrag kam nie zustande. Deshalb war ich sehr neugierig, wie sich die Zusammenarbeit gestalten würde. Zuerst bin ich nach Nagold gereist, um mir den Produktionsstandort anzuschauen. Das hat mich wirklich beeindruckt. Ich habe bereits für viele grosse Hersteller gearbeitet, aber solch eine durchdachte Technik hinter dem Produkt ist mir noch nie begegnet. Sehr deutsch vielleicht. Das war dann auch meine Herausforderung: Ein Sitzmöbel zu gestalten, das deutsche Ingenieurskunst und italienisches Design zusammenbringt; Funktion und Komfort mit Eleganz und einer gewissen Lässigkeit.
Welche konkreten Anforderungen sollte «Liv» erfüllen?
Luca Nichetto: Meine Aufgabe lag darin, ein modulares System zu entwerfen, das die Bedürfnisse vieler Menschen erfüllt, ein Sofa, das überall auf der Welt funktioniert. Rolf Benz ist ein deutsches Unternehmen, welches über die Landesgrenzen hinaus gewachsen ist und nun nach Entwürfen sucht, die in einer Stadtwohnung in Berlin stehen können, aber auch in einer Villa in Miami. Was Design anbelangt, leben wir in einer Welt ohne Grenzen. Unsere Einflüsse kommen überall her. Vor 20 Jahren hätte sich niemand vorstellen können, mit Stäbchen zu essen. Heute ist das für niemanden mehr ungewöhnlich. Jeder beeinflusst jeden, auch in der Möbelindustrie. Dass ich in zwei Ländern lebe, in denen die traditionellen Vorstellungen von gutem Design ganz unterschiedlich sind, hat mir meine Aufgabe sicher vereinfacht.
Was unterscheidet Dein Sofa von anderen?
Luca Nichetto: Jeder kann sich die Kombination zusammenstellen, die er gern hätte. Und die er in dem entsprechenden Lebensabschnitt braucht. Wer umzieht, muss sich nicht gleich ein neues Sofa zulegen, sondern kann sein Sitzmöbel einfach anpassen – je nach Bedarf erweitern, mit einer zusätzlichen Ablage versehen. Insgesamt haben wir acht verschiedene Rahmen entwickelt, die sich individuell mit Sitzkissen, Regalen, Rücken- und Seitenlehnen bestücken lassen. Ausserdem stehen zwei Sitztiefen und Rückenbreiten zur Verfügung.
Klingt fast wie eine neue Gattung des Sitzmöbels...
Luca Nichetto: Ja! Schliesslich nutzen wir unsere Sofas schon seit längerem nicht mehr bloss zum Sitzen. Wir liegen darauf, arbeiten, essen, ... «Liv» wird all diesen Anforderungen gerecht – und lässt sich neuen Anforderungen einfach anpassen. Das entspricht auch meiner Vorstellung von Nachhaltigkeit: Nicht bloss Produkte aus recycelten Materialien zu entwickeln, sondern Dinge zu gestalten, die sich den veränderten Lebensumständen der Menschen anpassen lassen.
Nach welchen Kriterien hast Du die Farben und Materialien ausgewählt?
Luca Nichetto: Es liegt schon ein paar Jahre zurück, dass wir zusammen mit dem Skandinavischen Farbinstitut eine Farbpalette aus Naturaufnahmen entwickelten. Auf dieser Palette basiert unsere Farbgestaltung. Für «Liv» waren vor allem warme Töne wie Dunkelrot, Moccabraun oder Cognac wichtig. Die Materialien sind durchweg hochwertig und langlebig – «Liv» ist für ein ganzes Leben gemacht, wenn man so will.
Interview: Kirsten Höttermann
aus: Raum und Wohnen, Heft Nr. 2/2020