Bähhhm! Die Priesterin der Opulenz

Sie wirkt nicht nur ein bisschen schräg, sondern sehr – und trotzdem besticht sie mit einer grossen Ausgewogenheit ihrer Kreationen: Die Londoner Designerin Bethan Laura Wood ist das, was man gemeinhin einen «bunten Vogel» nennt. Und begeistert als selbstinszenierte Kunstfigur seit mehr als zehn Jahren grosse Marken und das Publikum gleichermassen.

Bethan Laura Wood wurde 1983 im westenglischen Shrewsbury geboren und wuchs mit vielen kreativen Freiheiten auf. Schon als Kind kleidete sie sich gern unkonventionell. Heute sind ihre wilden Verkleidungen, wie sie es selbst nennt, ihr Markenzeichen.
Bethan Laura Wood wurde 1983 im westenglischen Shrewsbury geboren und wuchs mit vielen kreativen Freiheiten auf. Schon als Kind kleidete sie sich gern unkonventionell. Heute sind ihre wilden Verkleidungen, wie sie es selbst nennt, ihr Markenzeichen.

Bethan Laura Wood in wenigen Worten beschreiben? Unmöglich! Ein bisschen wirkt sie wie ein Harlekin mit ihren auffälligen Kleidern, den knallig gefärbten Haaren, ihrem unverwechselbaren Make-up, den exzentrischen Hüten und überdimensional grossen Ohrringen. Und doch geht es ihr um weit mehr als derlei Äusserlichkeiten: «Wenn ich in meiner Werkstatt bin, dann habe ich zweckmässige Sachen an und bin nicht auffällig geschminkt. Schliesslich geht es da ums Machen und nicht ums Erscheinen», konstatiert sie. Was diese Frau will: Kreationen schaffen, die mehr Farbe in den Alltag bringen. Sie will Geschichten vom Nicht-Angepasst-Sein erzählen. Geschichten von der Fülle, die im Leben möglich sein kann.

Aufgewachsen ist sie in den Midlands, in Shrewsbury, einer Stadt etwa in der Grösse von St. Gallen, mit vielen Fachwerkhäusern und einem breiten Fluss, einem mittelalterlichen Schloss – und einer fast schon brutalistischen Markthalle mit Uhrturm aus dem Jahr 1965. «Eigentlich eine Neuinterpretation mittelalterlicher Architektur. Diese Halle mag kaum jemand, aber mich hat sie als Kind schon fasziniert. Ich fand immer, sie sieht aus wie ein Schiff», erzählt Bethan, die das Gebäude früher oft malte oder zeichnete. Solche Statements sprechen Bände darüber, wie bei ihr die Fantasie über alle Gemeinplätze siegt. Und überhaupt: Irgendwie bot das verschlafene Städtchen in den 1980er-Jahren wohl genau die richtige Umgebung für die Tochter eines Architekten und einer Ergotherapeutin. Es war auch Shrewsbury, das Bethan Laura Wood zu dem werden liess, was sie heute ist.

Ihre Mutter, so erzählt Bethan, schränkte sie und ihre Schwester nicht ein, wenn sie zu Hause kreativ wurden. Als Kind war der Küchentisch ihr Studio. Schon mit fünf belegte sie einen Töpferkurs im lokalen Handwerkszentrum. «Aber es ging dort sehr stark um das Erlernen der traditionellen Techniken, nicht darum, sie weiter zu entwickeln.» Kein Wunder: Shrewsbury hat eine bedeutende Geschichte als Ort der Keramikherstellung. Doch das reichte Bethan sehr schnell nicht mehr aus – bereits als 16-Jährige leitete sie selbst Kurse im Handwerkszentrum und fing dabei an, Grenzen zu überschreiten und rebellisch zu sein, scheinbar unumstössliche Regeln zu brechen. «Ich sagte mir: Viele Leute mögen mich ohnehin nicht und sind irgendwie gemein zu mir – dann kann es auch nicht schlimmer werden, wenn ich verrückte Sachen mache.» Diesem Prinzip folgte sie auch in der Schule, wo die Kleidungs- und Make-Up-Vorschriften sehr streng waren. «Ich fragte dann die Lehrer: Wenn andere Mädchen die Farbe auf den Augenlidern behalten dürfen – warum muss ich sie woanders im Gesicht dann abwischen?» Schon damals experimentierte sie in Sachen Make-Up mit ungewöhnlichen Farben an ungewöhnlichen Stellen – heute sieht sie die Öffentlichkeit nie ohne ihre beiden leuchtend blauen Punkte auf den Wangen.

Rückblickend sagt sie: «Ich habe mir irgendwann einfach selbst erlaubt unkonventionell zu sein.» Zuerst sei das in Bezug auf ihr Auftreten, ihre Kleidung und ihr Make-Up der Fall gewesen; mehr und mehr entwickelte sich aber daraus auch der Mut zu farbenfrohen Entwürfen. Erst experimentiere sie mit neuen Farben oder Mustern an sich selbst, danach findet eine bestimmte Gestaltung auch den Weg in ihre Designs.

Bethan Laura Wood

Blüten für die Wand nennt die Designerin diese Leuchten. Sie entwickelte sie während des ersten Corona-Lockdowns, als ihr die Natur in der Wohnung mehr und mehr fehlte. Das Material ist mundgeblasenes Pyrex-Glas.
Blüten für die Wand nennt die Designerin diese Leuchten. Sie entwickelte sie während des ersten Corona-Lockdowns, als ihr die Natur in der Wohnung mehr und mehr fehlte. Das Material ist mundgeblasenes Pyrex-Glas.
Dieses Teeservice versteht die Designerin als ihre ureigenste Form der Ehrerbietung an Walter Gropius’ Geschirr-Entwurf TAC, seit 1969 in der Rosenthal-Kollektion. Aber natürlich kombiniert sie noch viele andere Einflüsse dazu – und so ist «Tongue» eigentlich vor allem eines, nämlich: Typisch Bethan!
Dieses Teeservice versteht die Designerin als ihre ureigenste Form der Ehrerbietung an Walter Gropius’ Geschirr-Entwurf TAC, seit 1969 in der Rosenthal-Kollektion. Aber natürlich kombiniert sie noch viele andere Einflüsse dazu – und so ist «Tongue» eigentlich vor allem eines, nämlich: Typisch Bethan!
Bethan Laura Woods Faszination für die exzentrischen Meisen-Kimonos aus Japan war eine Grundlage für dieses Schränkchen – eine von vielen wohlgemerkt. Dazu kamen unter anderem noch die Form ostastiatischer Kommoden, Füsse und Fühler von Heuschrecken sowie die Deckflügel von Käfern.
Bethan Laura Woods Faszination für die exzentrischen Meisen-Kimonos aus Japan war eine Grundlage für dieses Schränkchen – eine von vielen wohlgemerkt. Dazu kamen unter anderem noch die Form ostastiatischer Kommoden, Füsse und Fühler von Heuschrecken sowie die Deckflügel von Käfern.

Das komplette Portrait über die Designerin Bethan Laura Wood ist im Magazin RAUM UND WOHNEN veröffentlicht. Die Ausgabe 09•10/22 lässt sich online bestellen.

Text: Barbara Hallmann
aus: Raum und Wohnen, Heft Nr. 09•10/22

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