Wenn wir uns in Gedanken einen ruhigen Rückzugsort vorstellen, landen wir gerne beim Bild einer entlegenen Insel, die wir ganz für uns alleine haben. Dann sind wir reif für die «Ile Mobile», eine noch unentdeckte Insel, die genau das bietet: Ruhe und Entspannung. Die Teppiche der Textildesignerin Zora Weidkuhn werden von der Teppichmanufaktur Kramis handgetuftet. Um das Inselfeeling perfekt zu machen, gibt es zum Teppich eine Flaschenpost mit Botschaft.
Von Wasser und Wind organisch geformt, trifft man auf dieser entlegenen
Insel ein abwechslungsreiches Landschaftsbild an – vom wuchernden
Urwald, über einsame Strände bis hin zu aufragenden Felsen. Damit bietet
sie alles, was es für den persönlichen Rückzug braucht. Zora Weidkuhns
Idee vom Teppich als Ruheort, der Sicherheit und Geborgenheit vermittelt
und an unzählige Erinnerungen geknüpft ist, kommt nicht von ungefähr.
Sie kam ihr im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Hochschule
Luzern Design & Kunst, an der sie im vierten Semester Textildesign
studiert, und der familiengeführten Teppichmanufaktur Kramis.
Tim
Kramis, verantwortlich für Verkauf und Marketing, stellte den
Studierenden die Aufgabe, ein langlebiges Produkt mit Möglichkeit der
Individualisierung zu entwerfen. «Als uns die Aufgabe präsentiert wurde,
packte mich gleich die Vorstellung eines Ruheortes, der einen durchs
Leben begleitet», erklärt Zora Weidkuhn. «Die Metapher einer Insel fand
ich daher sehr passend. Sie löste in mir ein Bild von Ruhe, Vertrautheit
und Sicherheit aus, das sich gut visuell darstellen liess.» Um die
Studierenden mit der Teppichherstellung und insbesondere mit dem
Familienunternehmen Kramis vertraut zu machen, begann das Projekt mit
einer Führung durch die Manufaktur in Altbüron (LU).
Die Fülle
an Materialien, Farben und gestalterischen Möglichkeiten kann im ersten
Moment schon überfordern. Um sich nicht darin zu verlieren, machte Tim
Kramis genauere Vorgaben: Für den Teppich standen maximal drei
verschiedene Strukturen zur Auswahl, zudem wurde Schurwolle als Material
festgelegt – zugunsten der Langlebigkeit des Teppichs als wichtigste
Anforderung. Hergestellt wurde der Teppich im Handtuft-Verfahren, auf
das sich das Unternehmen seit seiner Gründung 1987 spezialisiert hat.
Dabei handelt es sich um eine aufwändige Technik, die sich vor allem für
die Herstellung individueller Teppiche eignet: Ein Holzrahmen wird mit
einem Trägergewebe bespannt, in welches das Garn dann mit einer
Handtuftmaschine Reihe für Reihe eingestickt wird, bis eine
Teppichfläche entsteht. «Was das Tuften von anderen Techniken
unterscheidet, ist die Möglichkeit, mit freien Formen zu arbeiten. Das
passte sehr gut zu meiner Insel-Idee, da es ja keine rechteckige Inseln
gibt», so die Studentin, die sich zunächst an die Vorgabe halten wollte,
einen runden oder eckigen Teppich zu entwerfen. Mit vielen Skizzen und
Entwürfen tastete sie sich dann an die organischen Formen heran, bis sie
sich auf einige festlegte und diese ausarbeitete. Das Ergebnis sind
Teppiche, die aus der Vogelperspektive an Luftaufnahmen tropischer
Inseln erinnern. Sie bestehen aus einer bestimmten Anzahl von Ovalen,
die übereinander zu liegen scheinen.
Ihre Inseln hat sie in drei Farbwelten präsentiert, von denen eine, Midi – basierend auf den Farben topografischer Karten – in den Verkauf aufgenommen, jedoch in Multicolore umbenannt wurde. Zudem gibt es «Ile Mobile» in Tricolore, die zum heutigen Einrichtungsstil passen, sowie einfarbig, mit besonderem Augenmerk auf den verschiedenen Teppichstrukturen. Aber das sind nicht die drei einzigen Varianten. Als Manufaktur, die für ihre individuell gestaltbaren Teppiche bekannt ist, war es eine Vorgabe, dass auch die neue Kollektion nach Kundenwunsch gefertigt werden kann – so sind nicht nur die Farben frei wählbar, sondern auch die Positionierung der Ovale. «Beides erhöht die emotionale Bindung der KundInnen an ihren Teppich und damit auch dessen Langlebigkeit», weiss Tim Kramis aus langjähriger Erfahrung. Dies ist auch ein Grund, weshalb sich das Projekt gegen die insgesamt elf der MitstudentInnen durchgesetzt hat.
«Die persönliche Insel passt perfekt zum Thema Lebensbegleiter. Zora hat nicht nur alle Kriterien erfüllt, sondern auch an den Verkauf gedacht». Und der ist nicht weniger kreativ als die mobile Insel selbst. So wird der Teppich originellerweise mit einer Flaschenpost verkauft, die Vorschläge für kleine Alltagsrituale enthält, wie zum Beispiel einen Morgenspaziergang über die eigene, abgeschiedene Teppichinsel. Die «Ile Mobile» ist aber weder für das Familienunternehmen noch für die Studentin das letzte Ziel auf der kreativen Reiseroute. Während Zora Weidkuhns Weg nach ihrem bevorstehenden Bachelor-Abschluss an der HSLU in Richtung Interiordesign mit Textilien führen wird, begibt sich die Teppichmanufaktur mit der Schweizer Designerin Alexa Blum auf eine gemeinsame Reise. Nächste Destination? Nachhaltigkeit und Swissness.
Mehr Wohnideen gibt es in der Ausgabe 12/23•01/24 vom Magazin RAUM UND WOHNEN.
Text: Silja Cammarata
aus dem Magazin: Raum und Wohnen, Zeitschrift Nr. 12/23•01/24