Designer Christian Haas

Gekommen, um zu bleiben?

In Porto scheint der deutsche Designer Christian Haas seinen Hafen gefunden zu haben. Hier hat er sich nicht nur seinen privaten Wohntraum erfüllt, sondern auch einen Ort geschaffen, an dem seine Kreativität zu Hause ist.

Eine gute Work-Life-Balance ist Christian Haas wichtig. Diese hat der Designer in Porto gefunden, wo er seit zehn Jahren lebt und arbeitet. Foto: Luis Espinheira
Eine gute Work-Life-Balance ist Christian Haas wichtig. Diese hat der Designer in Porto gefunden, wo er seit zehn Jahren lebt und arbeitet. Foto: Luis Espinheira

«Alle sieben bis zehn Jahre brauche ich einen Tapetenwechsel. Oder eine neue Herausforderung», erklärt Christian Haas auf die Frage, was ihn eigentlich nach Porto verschlagen hat. Ein Blick auf seine Vita bestätigt diesen Rhythmus: Nachdem der gebürtige Bayer in München Industriedesign studiert und dort 2000 sein erstes Designbüro eröffnet hatte, zog es ihn 2007 nach Paris. Er wäre schon immer frankophil gewesen, so der Fünfzigjährige. Nach sieben Jahren in der französischen Metropole sei es ihm dort allerdings zu hektisch geworden. So war es an der Zeit, weiterzuziehen. Dass seine nächste Station Porto werden würde, war im Grunde reiner Zufall. Eine Geschäftsreise hatte ihn eines Tages nach Portugal geführt – und «verführt», wenn man so will. 2014 zog er dann um. «Damals war Porto noch recht rough und nicht so trendy und chic, wie heute. Das hat mich an der Stadt sehr gereizt – genauso wie die kreative Szene hier», meint der Designer.

Im Zentrum Portos verwirklichte sich Christian Haas dann auch direkt mal einen Traum, seinen Wohntraum, um genau zu sein: Er kaufte ein schmales Townhouse (um 1860) und renovierte es nach eigenen Vorstellungen. Gerade mal fünf Meter ist es breit, dafür aber zwanzig Meter tief und vier Etagen hoch. Die beiden oberen Geschosse bewohnt der Designer zusammen mit seinem Partner und einem inzwischen etwas betagten Dackel-Yorkshire-Mischling. Direkt darunter liegt die Kreativzentrale, in der unentwegt neue Entwürfe entstehen. Im Erdgeschoss, an das ein grosser Garten anschliesst, kredenzt das kleine Restaurant «Tia Tia» feine vegetarische Speisen. Bis 2018 betrieb dort übrigens der Designer selbst ein Restaurant. Aber neben seinem Fulltime-Job als Gestalter noch abends Gäste zu bewirten, war auf Dauer einfach zu viel.

Viel zu tun hat Christian Haas trotzdem immer. Zusammen mit seinem dreiköpfigen Team laufen etliche Projekte parallel. Kostprobe gefällig? Der Designer zählt auf: «Für Villeroy & Boch gestalten wir gerade ein neues Besteck, Gläser und eine Armaturenserie. Für das japanische Unternehmen Karimoku New Standard arbeiten wir an einem Dining-Stuhl und an Bistrotischen. Und für einen Hersteller, den ich gerade noch nicht nennen darf, machen wir derzeit ein Sofa und ein Regalsystem. Aber da sind doch noch einige Sachen mehr…?» Kurze Pause. «Ach ja, für das japanische Label Ariake entsteht gerade ein Leder-Lounge-Chair, für Schönbuch machen wir einige Erweiterungen für das Regalsystem «Canvas», für Flavius entwerfen wir Couchtische, für Pierre Frey eine neue Polstermöbelkollektion und zum 150-Jahr-Jubiläum der portugiesischen Silbermanufaktur Topázio gestalten wir ein Masterpiece.»

Doch damit noch nicht genug. Derzeit hat Christian Haas auch zwei Interiorprojekte am Start. Neben der Gestaltung eines Teepavillons für das portugiesische Teelabel Chá Camélia ist da noch ein äusserst umfangreiches Hotelprojekt im Zentrum Portos. Wenn alles glatt läuft, wird das Hotel «Arnaldo» Ende des Jahres eröffnet. Es liegt mitten in der Stadt und seine Aussicht sei einfach fantastisch, hört man es munkeln. «Die Gestaltung der Innenräume lag komplett in unseren Händen», verrät der Deutsche. «Mit Ausnahme einiger Produkte, die wir schon in Serie laufen hatten, haben wir die meisten Möbel und Wohnaccessoires eigens für dieses Hotel kreiert. In Zusammenarbeit mit lokalen Handwerksbetrieben setzen wir unsere Ideen um.» Da kommen also nochmal rund 25 Entwürfe zusammen, die zurzeit in der Pipeline sind. Beachtlich.

Trotz des grossen Pensums wirkt der Designer nicht gestresst. Seine Stimme klingt entspannt, seine Work-Life-Balance scheint zu stimmen. «Unter der Woche arbeite ich sehr diszipliniert. Aber am Wochenende nehme ich mir konsequent meine Auszeit. Dann gehe ich am liebsten in die Natur, mache eine Wanderung in den Bergen oder einen Spaziergang am Meer.»

CHRISTIAN HAAS

Die rund geformte Polsterkollektion «Berlin» (2023) von Pierre Frey – ursprünglich für das Chateau Royal Hotel in Berlin entworfen – besteht aus Sofa, Sessel und Pouf. Durch einen kleinen Sockel wird der Möbelkorpus jeweils angehoben, was die Kollektion optisch etwas leichter erscheinen lässt. PIERREFREY.COM

Die rund geformte Polsterkollektion «Berlin» (2023) von Pierre Frey – ursprünglich für das Chateau Royal Hotel in Berlin entworfen – besteht aus Sofa, Sessel und Pouf. Durch einen kleinen Sockel wird der Möbelkorpus jeweils angehoben, was die Kollektion optisch etwas leichter erscheinen lässt. PIERRE FREY

Formal erinnert die Tischleuchte «Fonte» (2022) aus glasierter Keramik an die 1970er-Jahre. Zur Auswahl stehen vier Farben: Weiss, Schwarz, Grün und Orange. Durchmesser: 41 cm. FAVIUS.DE

Formal erinnert die Tischleuchte «Fonte» (2022) aus glasierter Keramik an die 1970er-Jahre. Zur Auswahl stehen vier Farben: Weiss, Schwarz, Grün und Orange. Durchmesser: 41 cm. FAVIUS

Die Zusammenarbeit zwischen Christian Haas und dem japanischen Möbelhersteller Karimoku New Standard bewährt sich schon lange. Zu einem der ersten gemeinsamen Modelle zählt der Essstuhl «Scout», der bereits 2015 in Serie ging. «Was die Fertigung und das Know-how angeht, zählt Karimoku für mich zu den Leuchtturmfirmen», so Christian Haas. KARIMOKU-NEWSTANDARD.JP

Die Zusammenarbeit zwischen Christian Haas und dem japanischen Möbelhersteller Karimoku New Standard bewährt sich schon lange. Zu einem der ersten gemeinsamen Modelle zählt der Essstuhl «Scout», der bereits 2015 in Serie ging. «Was die Fertigung und das Know-how angeht, zählt Karimoku für mich zu den Leuchtturmfirmen», so Christian Haas. KARIMOKU NEW STANDARD

Das komplette Portrait über den Designer Christian Haas ist in der Ausgabe 06•07/24 vom Magazin RAUM UND WOHNEN zu lesen.

Text: Susanne Lieber
aus dem Magazin: Raum und Wohnen, Zeitschrift Nr. 06•07/24

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