Margaux Keller macht keine halben Sachen. Die Franko-Schweizerin fügt von ihrem Studio in Marseille aus lokales Savoir-Faire mit unbedingter Gestaltungsfreude, historischen Vorbildern und reduzierten Linien zusammen. So entstehen die mediterranen Klassiker von morgen.
Was macht dieses Marseille für Margaux Keller so reich und so richtig? In Frankreich, das muss man wissen, hat die Stadt am Mittelmeer noch immer nicht den besten Ruf. Noch immer erinnern auf der Fahrt vom Flughafen Richtung Süden ins Zentrum manche Wohnviertel links und rechts der Strasse eher an den Maghreb als an das Frankreich der endlosen Sommerferien oder der grossen Boulevards.
Ankunft im Quartier Rostand, drei Metrostationen vom Marseiller Hauptbahnhof entfernt. Hier reihen sich in engen, ruhigen Gassen Boutiquen individueller Modelabels an Einrichtungsgeschäfte und Antiquitätenläden. Doch trotz der historischen Gebäude wirkt das Viertel weder bourgeois noch snobistisch, sondern eher bodenständig. Hier, in einer Seitenstrasse, steht auf dem messingfarbenen Klingelschild: Margaux Keller Collections.
Hinter der schweren hölzernen Eingangstür liegt die gepflasterte Durchfahrt. Links geht es durch eine weitere Tür ins Treppenhaus und dann hinauf in den ersten Stock. Die Designerin und Inhaberin eines eigenen Einrichtungslabels bittet herein und erzählt von ihren ersten Kundenkontakten nach der Studiogründung hier in Marseille im Jahr 2012: «Am Anfang habe ich mich nicht getraut zu sagen, dass ich von hier aus arbeite – vor allem, wenn ich Kontakt nach Paris hatte. Ich bin einfach drei Stunden vor einem Termin in den TGV gestiegen und habe ansonsten den Mund gehalten.»
Mittlerweile kommuniziert Margaux Keller offen, in welcher Stadt sie lebt und arbeitet. Sie muss sich nicht mehr dafür rechtfertigen, stolz auf Marseille zu sein. In der Welt der Galerien und bei vielen Einrichtungsmarken hat Margaux Keller es geschafft, dem Ruf von Marseille einen neuen Aspekt hinzuzufügen. Das ist alles andere als selbstverständlich, denn am Anfang war sie sich nicht sicher, ob man in Marseille als Designerin überleben kann. Die Idee, hier ein Studio zu gründen, entstand am Ende eines Stipendienjahres an der Fabrica Treviso. Damals ging sie eine Art Wette mit sich selbst ein und gab sich ein Jahr Zeit: «Ich habe mir gesagt, im Windschatten des Kulturhauptstadtjahres 2013 muss es doch möglich sein, von hier aus Design zu machen. Und es hat geklappt.»
Mehr über die Designerin Margaux Keller ist in der Ausgabe 08•09/24 vom Magazin RAUM UND WOHNEN zu erfahren.
Text: Barbara Hallmann
aus dem Magazin: Raum und Wohnen, Zeitschrift Nr. 08•09/24