Die rahmenlosen Fenster der Betonkuben lassen der traumhaften Landschaft der Albisregion bei Zürich den Vortritt. Durch das Feingefühl der Bauherrschaft entstand ein perfekt in die Natur integriertes Anwesen, das Natürlichkeit und Eleganz vereint.
Mit Superlativen sollte man sparsam umgehen, aber hier sind sie in mehrfacher Hinsicht angebracht: Der Landsitz in Alleinlage bietet einen umwerfenden Ausblick auf das Reusstal und die Innerschweizer Alpen. Kein Haus, kein hoher Baum stört die Rundumsicht auf die Natur. Eigentlich unvorstellbar, denn mit dem Auto ist Zürich in gut 20 Minuten erreichbar. Dank des Einfühlungsvermögens der Bauherrschaft für den besonderen Ort sowie der Expertise und Erfahrung des Architekten entstand diese Villa mit faszinierenden Blickachsen in die Natur.
Ganz entscheidend für das stimmige Bauwerk waren auch das Vertrauensverhältnis zwischen dem Architekten und den zukünftigen Bewohnern sowie ihr Engagement und Interesse für noch so kleine Details. Philipp, der in der Finanzbranche tätig ist, und seine Frau Kateryna, kauften das Objekt im Jahr 2021. Kennengelernt haben sich der Schweizer Unternehmer und die Ukrainerin, die seit einigen Jahren in Zürich im Robotik-Bereich arbeitet, 2014 in Kiew. 2016 heiratete das Paar, ging anschliessend beruflich nach London und zog drei Jahre später nach Zürich. Die Metropolregion sollte einmal der Lebensmittelpunkt für ihre zukünftige Familie werden.
Auf der Suche nach einem geeigneten Objekt stiess der Unternehmer auf den Anfang der 1970er-Jahre gebauten, aufsehenerregenden Betonbau des avantgardistischen Zürcher Architekten Hans Demarmels: Der Kreative hatte die Vision, den Neigungswinkel zwischen dem Waldrand und dem Hang aufzunehmen und in drei verschiedenen Baukörpern optisch widerzuspiegeln. Die Lage, das Panorama und die Privatsphäre des Hauses erfüllten die Wunschvorstellungen des Ehepaares eins zu eins.
Philipp legte das Projekt in die Hände seines Schulfreundes Christof Hatt, der schon in jungen Jahren Architekt werden wollte. Während der Schulzeit versprach ihm Philipp: «Wenn ich mal ein Haus baue, dann mit dir.» Er hielt sein Versprechen. Christof Hatt, mittlerweile Eigentümer der Hatt Baurealisation AG, riet zu einem Neubau, da ein Umbau zu aufwendig geworden wäre. Der war allerdings von der Baubehörde klar definiert: Die Baulinien der ursprünglichen Kuben mit Pultdach, die Dachform und Firstrichtung mussten eingehalten und die Grundfläche durfte nur «massvoll» überschritten werden. Philipp, der sich über zwei Jahre mit dem Projekt beschäftigte hatte, hatte in Sachen Ausstattung präzise Vorstellungen.
Auf den handgefertigten Backstein «Kolumba 55» aus Dänemark kam er während eines Besuchs auf der Schleswig-Holsteinischen Insel Pellworm. Dort sah er die vielen Klinkerbauten und war begeistert. Nachdem sich der Bauherr anschliessend intensiv mit den Tonsteinen beschäftigte, wurde er auf den Schweizer Architekten Peter Zumthor aufmerksam, der für das Kolumba Museum in Köln zusammen mit dem dänischen Ziegelexperten Christian A. Petersen 2007 einen langen, schmalen Stein entwickelte. Der in vielen Brauntönen changierende Backstein «K55» mit seiner rauen, sandigen Oberfläche ummantelt jetzt nicht nur das erste Geschoss der Fassade und den rechteckigen Riegel, der die Outdoorküche überdacht, sondern auch die Wände im Erdgeschoss und den bis zu 7.20 m hohen Luftraum. Er fungiert als optische Klammer zwischen innen und aussen. Durch menschliche Begegnungen und zufällige Entdeckungen kam so ein Stück zum anderen. «So richtig lebendig wird ein Zuhause erst, wenn es Geschichten erzählt», sagt der Bauherr.
Zwischen Handwerk und High-End
Beim Interieur dominieren edle Hölzer, bronziertes Metall, Naturstein, Leder und feine Leinenstoffe. Die Farbwelt der 1970er-Jahre mit erdigem Braun, Bernstein, Hellblau oder eine Prise Orange feiert hier ein Revival. Trotzdem überzeugt die kosmopolitische Einrichtung durch ihre subtile Eleganz und Wertigkeit. Nichts ist zu viel, nichts zu wenig. Die ästhetische Kompetenz und das feine Gespür für die Sinnlichkeit natürlicher Materialien ziehen sich wie ein roter Faden durch das komplette Objekt mit über 400 Quadratmetern Wohnfläche.
Es überrascht nicht, dass Kateryna und Philipp auch ein besonderes Faible für Manufakturen haben und das handwerkliche Können wertschätzen. Auf dem Boden liess das Paar bis zu acht Meter lange Eichendielen aus Dänemark verlegen. Zusammen mit den erdigen Farbtönen der Wände erhielten der Wohnbereich, die offene Küche und der Ess-platz eine natürliche Ausstrahlung, die die Bewohner in hektischen Zeiten zur Ruhe kommen lässt.
Die komplette Reportage ist in der Ausgabe 09•10/25 vom Magazin RAUM UND WOHNEN zu lesen.
Text: Claudia Durian, Fotos: Christoph Theurer
aus dem Magazin: Raum und Wohnen, Zeitschrift Nr. 09•10/25