Die weltbekannte Bauhaus-Hochschule für Gestaltung begeht in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Das wird aufwändig gefeiert mit Museumsneubauten, Tanztheater-Inszenierungen und Reeditionen bekannter und weniger bekannter Klassiker. Ein Fest für alle Liebhaber formschönen Designs und solche, die es werden wollen.
Es war ein Experiment, das gerade einmal 14 Jahre andauern sollte. Eine sehr kurze Zeit, wenn man bedenkt, dass das Staatliche Bauhaus heute, ein Jahrhundert nach seiner Entstehung in Weimar, als einflussreichste Bildungsstätte der modernen Architektur und des Designs gilt. Eine Schule, die die Grenzen zwischen den Disziplinen aufzuheben versuchte, indem sie Kunst, Handwerk und Technik einander nahe brachte – das war etwas Neues im biederen Nachkriegsdeutschland und sollte auch in der restlichen Welt schnell Anhänger finden. Im Zentrum der neuen Lehre stand die Architektur, die man als Gesamtkunstwerk betrachtete. Meister und Schüler arbeiteten nicht nur am Entwurf eines Gebäudes, sondern auch an seiner Einrichtung. Die Funktionalität der Dinge im Blick, wurden sie dazu angehalten, Neues zu wagen und mutig zu experimentieren, denn es ging um nichts Geringeres als die Frage, wie man in Zukunft leben wolle.
Doch wie genau sah die Vision der Zukunft aus? Die zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen zum hundertjährigen Jubiläum zeigen: vielfältiger, bunter und widersprüchlicher als gedacht. Jeder Bauhäusler hatte bei genauerem Hinsehen eine eigene Vorstellung von dem, was kommen würde. Was alle verband, war die Ablehnung des spiessigen Biedermeier-Stils, der nach den neuen Vorstellungen nicht nur von den Häuserfassaden verschwinden sollte, sondern auch aus Wohnungen und Einfamilienhäusern. Selbst für alltägliche Gebrauchsgegenstände hatte man konkrete Design-Vorschläge: Vom Aschenbecher über die Kaffeedose bis hin zu Stuhl und Kinderspielzeug nahm alles neue Formen an. Anfangs war der Herstellungsprozess noch traditionell und handwerklich geprägt, später setzte man auf industrielle Fertigung.
Viele der Entwürfe stehen mittlerweile im Museum, doch verstaubt sind sie nicht, sondern gelten noch immer als Paradebeispiele guten Designs. Manche, wie der Freischwinger von Marcel Breuer oder die Wagenfeld-Lampe, werden schon seit Jahren wieder hergestellt und sind aus öffentlichen wie privaten Räumen nicht mehr wegzudenken. Ein Ausstellungszyklus an den drei Hauptorten des Bauhauses – Berlin, Weimar und Dessau – präsentiert im Jubiläumsjahr Klassiker des Bauhaus-Designs, aber auch nie gezeigte Formexperimente. Wen das zu einer deutschlandweiten Entdeckungsreise einlädt, der sollte zuvor den sehr umfangreichen Veranstaltungskalender auf www.bauhaus100.de studieren. Nur soviel sei vorweggenommen: In allen drei Wirkungsstätten wird im Laufe des Jubiläumsjahres ein Museumsneubau eröffnet. Wer im Museumsshop nicht das richtige Erinnerungsstück findet, dem seien die zahlreich erschienenen Sondereditionen verschiedener Hersteller und Designer empfohlen. Welche uns besonders gefallen? Et voilà!
Text: Kirsten Höttermann
aus: Raum und Wohnen, Heft Nr. 03/2019